Taktlos.08 Zürich, Rote Fabrik, Aktionshalle
Freitag, 30. Mai, 20 h The Tiptons USA Amy Denio, altosax/voice; Jessica Lurie, altosax/tenorsax/ voice; Sue Orfield, tenorsax/ voice; Tina Richerson, baritonesax/ voice; Jason Smart, drums
The Tiptons: www.tiptonssaxquartet.com Amy Denio: www.amydenio.com Jessica Lurie: www.jessicalurie.com
Freitag, 30. Mai, 21.30 h Hans Hassler – Solo CH Hans Hassler, accordion
Hans Hassler: www.intaktrec.ch
Freitag, 30. Mai, 23 h Zakarya F Yves Weyh, accordion/composition; Alexandre Wimmer, guitar/electronics; Vincent Posty, e-bass; Pascal Gully, drums
Zakarya: www.myspace.com/zakaryacontact / www.tzadik.com
Samstag, 31. Mai, 20 h Fredy Studer – Another Joyful Noise CH/GB/A Bruno Amstad, voice; Phil Minton, voice; Alfred Zimmerlin, cello; Werner Dafeldecker, bass; Martin Brandlmayr, drums; Fredy Studer, drums
Fredy Studer: www.fredystuder.ch / www.myspace.com/fredystuder / www.koch-schuetz-studer.ch / Bruno Amstad: www.myspace.com/brunoamstad Martin Brandlmayr: www.myspace.com/martinbrandlmayr Werner Dafeldecker: www.myspace.com/wernerdafeldecker Samstag, 31. Mai, 22 hKleeb & Arrizabalaga – «am(vr)ee» CH/E Hildegard Kleeb, piano; Pelayo Arrizabalaga, turntables
Hildegard Kleeb: www.hildegard-kleeb.ch Pelayo Arrizabalaga: www.experimentaclub.com/data/pelayo_arrizabalaga Samstag, 31. Mai, 24 h Gétatchèw Mèkurya, The Ex & Guest Ethiopia/NL/GB/D/F/CAN Gétatchèw Mèkurya, tenorsax; Melaku Belay Emeru, dance; Andy, guitar; Terrie, guitar; G. W. Sok, voice; Katherina, drums/voice; Brodie West, altosax; Xavier Charles, clarinet; Joost Buis, trombone; Colin McLean, bass
Gétatchèw Mèkurya: www.budamusique.com The Ex: www.theex.nl / www.terprecords.nl
Sonntag, 1. Juni, 20 h Acoustic Strings CH/F Christy Doran, acoustic-guitar; Dominique Pifarély, violin; Heiri Kaenzig, bass; Marcel Papaux, drums
Christy Doran: www.christydoran.ch Heiri Känzig: www.jazzpool.ch Dominique Pifarély: http://dpifarely.free.fr/ Marcel Papaux: www.nicomonguzzi.com/room02/marcel Sonntag, 1. Juni, 22 h Scorch Trio SF/N Raoul Björkenheim, guitar/viola da gamba; Ingebrigt Håker Flaten, e-bass/electronics; Paal Nilssen-Love, drums/percussion
Scorch Trio: www.myspace.com/scorchtrio Raoul Björkenheim: www.raoulbjorkenheim.com Ingebrigt Håker Flaten: www.ingebrigtflaten.com Paal Nilssen-Love: www.paalnilssen-love.com
The Tiptons USA Amy Denio, altosax/voice; Jessica Lurie, altosax/tenorsax/voice; Sue Orfield, tenorsax/voice; Tina Richerson, baritonesax/voice; Jason Smart, drums
Was treibt eine Frau dazu sich als Mann auszugeben? In den dreissiger Jahren begann sich Dorothy Lee Tipton, die sich später Billy Tipton nennen sollte, als Mann auszugeben, um im Musikgeschäft einfacher Fuss zu fassen. The Tiptons, die sich in den Anfängen The Billy Tipton Memorial Saxophone Quartet nannten, zollen dieser frühen Trans-Gender-Exponentin ideell Tribut.
Die Multiinstrumentalistin Amy Denio aus Seattle ist Gründerin der Band und hat einen besonderen Draht zur Schweiz. So spielte sie Mitte der neunziger Jahre mit der Gruppe Pale Nudes, der unter anderem auch die beiden Berner Musiker Wädi Gysi und Mich Gerber angehörten. Von der Altsaxofonistin Denio, die in anderen Zusammenhängen auch hinreissend Akkordeon, Gitarre, Klarinette und Bass spielt, stammen der grössere Teil der Kompositionen und Arrangements für The Tiptons. Aber auch von den Tenorsaxofonistinnen Jessica Lurie und Sue Orfield sind Eigenkompositionen zu hören. Die Baritonsaxofonistin Tina Richerson hat sich neu in den Jazz ’n’ Folk der Tiptons eingefügt. Die Band lässt sich von Klezmer, Funk, New Orleans Jump inspirieren, integriert osteuropäischen Folk und singt gelegentlich. Wenn das All-Women-Sax-Quartet mit «Salvatore» von Amy Denio abhebt und nahtlos zu «Powerhouse» von Raymond Scott übergeht, beginnen die Cartoons der Kindheit aufzuleben. Auf der aktuellen Tour werden die Saxofonistinnen vom Schlagzeuger Jason Smart begleitet, der Faith Stankevich ersetzt, die wegen einem Unfall leider nicht dabei sein kann. Er muss deshalb keine Frauenkleider tragen. Ausgewählte Tonträger: The Tiptons: «Laws Of Motion», Zipa! Spoot Music, 2008 / The Tiptons: «Drive», Zipa! Spoot Music, 2005 / The Tiptons: «Tsunami», No Mans Land, 2004.
The Tiptons: www.tiptonssaxquartet.com Amy Denio: www.amydenio.com Jessica Lurie: www.jessicalurie.com
Hans Hassler – Solo CH Hans Hassler, accordion
Weshalb hat es Jahrzehnte gedauert, bis Hans Hassler eine Solo-CD veröffentlichte? Der Akkordeonist aus Hagendorn (Zug) gehört zu den eigenwilligsten Musikern der Schweizer Szene. Sein Spiel bewegt sich zwischen den Genres und lässt sich nirgends klar zuordnen.
Man trifft Hassler 1986 im Vienna Art Orchestra von Matthias Rüegg oder Jahre später an der Seite von Corin Curschellas. Er formierte Ende der achtziger Jahre mit Roland Dahinden, Thomas Eckert und Hans Kennel die Gruppe Habarigani. Mit seiner «Ballade pour Brillantine» sucht er eine entfernte Annäherung an die Musiken der Welt. Er zieht den Bogen von Slavko Avseniks «Trompeten Echo» über «Take Five» von Dave Brubeck, den Folksong «Kuckuck» bis hin zu Franz Lehars «Denn ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst». Vor fünf Jahren war er in einem Projekt des Gitarristen Elliott Sharp im Rahmen des Taktlos zu hören. Er spielt als Teil des Ensemble Suisse mit marokkanischen MusikerInnen im Projekt «Leh Ya Jarè» des Cellisten Fortunat Frölich. Gegen Ende des Films «Namibia Crossing» (2004) von Peter Liechti, einem sanft gescheiterten interkulturellen Projekt, sieht man wie Hassler mit seinem diatonischen Akkordeon alleine in der Ruine eines Hauses spielt, das unter einer Sanddüne zu verschwinden droht. In einer früheren Szene singt die namibische Sängerin Sharon van Rooi, von Hassler begleitet, eine Fassung von Gerswhins «Summertime», die man so noch nie gehört hat. Hassler ist keiner, der sich vordrängt. Trotzdem ist jetzt endlich die CD «Sehr Schnee sehr Wald sehr» da. Das hat «Sehr Zeit sehr Lange sehr» gedauert. Ausgewählte Tonträger: Hans Hassler: «Sehr Schnee sehr Wald sehr», Intakt, 2008 / Fortunat Frölich «Leh Ya Jarè», MGB, 2002 / Gebhard Ullmann: «Tá Lam Zehn», Leo Records, 1998.
Hans Hassler: www.intaktrec.ch
Zakarya F Yves Weyh, accordion/composition; Alexandre Wimmer, guitar/electronics; Vincent Posty, e-bass; Pascal Gully, drums
Warum haben während einigen Jahrhunderten in Strasbourg um zehn Uhr abends die Kirchenglocken der Kathedrale geläutet? Es war das Signal für die jüdische Bevölkerung, die Stadt zu verlassen und sich ins Ghetto zurückzuziehen. Yves Weyh, der Akkordeonist und Komponist der aus dem Elsass stammenden Gruppe Zakarya, erzählt diese Geschichte zum Stück «Couvre-feu» (Sperrstunde) in den Linernotes zu ihrer ersten CD. Sie ist vor sieben Jahren auf dem Tzadik-Label von John Zorn in der Reihe «Radical Jewish Culture» erschienen. Seither sind mit «Something Obvious» (2003) und «413 A» (2006) zwei weitere dazugekommen. Auf der letzten war der Gitarrist Marc Ribot als Gast dabei.
Zakarya pflegt einen äusserst kreativen Umgang mit der Tradition. Weyh nutzt das Erbe der Klezmermusik für seine Kompositionen. Er modelliert die Melodien zu trashigen Walzern, reichert sie mit Balkanbeats an, lässt Jazz anklingen und entfernt sich gerne in die befreiten Gebiete. Zusammen mit dem Gitarristen Alexandre Wimmer, dem E-Bassisten Vincent Posty und dem Schlagzeuger Pascal Gully bildet Weyh eine Crew, die mühelos und kraftvoll Rock mit der Polyrhythmik der zeitgenössischen Musik zu verbinden weiss. Zakarya ist Klezmer Jazz Core von seltener Intensität mit äusserst lieblichen Seiten. Die Kirchenglocken läuten zwar immer noch um zehn Uhr abends in Strasbourg, aber das Ghetto gibt es nicht mehr. Zakarya erinnern mit ihrer Musik an die leidvolle Geschichte der jüdischen Diaspora und sorgen dafür, dass sie nicht vergessen geht und keine neuen Ghettos geschaffen werden – auch keine musikalischen. Ausgewählte Tonträger: Zakarya: «413 A», Tzadik, 2006 / Zakarya: «Something Obvious», Tzadik, 2003 / Zakarya: « Zakarya», Tzadik, 2000.
Zakarya: www.myspace.com/zakaryacontact / www.tzadik.com
Fredy Studer – Another Joyful Noise CH/GB/A Bruno Amstad, voice; Phil Minton, voice; Alfred Zimmerlin, cello; Werner Dafeldecker, bass; Martin Brandlmayr, drums/percussion; Fredy Studer, drums/percussion
Ergeben drei Duos oder zwei Trios mehr als ein Sextett? Der Luzerner Drummer Fredy Studer hat in seiner Heimatstadt schon eine ganze Reihe Konzerte unter dem Label Joyful Noise durchgeführt. Für Another Joyful Noise hat er fünf illustre Partner eingeladen und sie in Parallelstrukturen organisiert: zwei aussergewöhnliche Vokalisten, zwei experimentierfreudige Schlagzeuger, Cello und Bass mit Komposition und Improvisation als Heimat. Man kann die Besetzung aber auch als Doppeltrio Stimme, Bass/Cello, Drums sehen. Allein aus dieser Konstellation heraus sind eine ganze Reihe von Variationen möglich.
Fredy Studer hat vor drei Jahren zusammen mit seinen langjährigen Weggefährten Hans Koch und Martin Schütz in der Zürcher Schlosserei Nenniger gezeigt, dass dreissig Konzerte in Folge ohne Wiederholungen möglich sind. Studer selbst war dabei oft derjenige, der mit erdigen Klängen und rockigen Rhythmen die Grundlage für unerwartete Drehungen gelegt hat. Die beiden Wiener Brandlmayr und Dafeldecker waren vor vier Jahren im Rahmen des Taktlos zu hören. Zusammen mit dem Gitarristen Dean Roberts formieren sie die Gruppe Autistic Daughters. Ihre CD «Uneasy Flowers» könnte von einem Singer/Songwriter stammen, wenn da nicht diese ungewohnten Sounds quer liegen würden. Der Cellist Alfred Zimmerlin ist Teil des Trios Karl ein Karl und sonst vorwiegend als Komponist tätig. Eine spannende Begegnung innerhalb von Another Joyful Noise dürfte die mit Phil Minton und Bruno Amstad werden. Ihre Grenzgesänge gehen weit über das Erwartete hinaus und eröffnen Another Joyful Noise weite Horizonte. Ausgewählte Tonträger: Koch-Schütz-Studer: «Tales From 30 Unitentional Nights », Intakt, 2006. / Autistic Daughters (Brandlmayr, Dafeldecker): «Uneasy Flowers», Staubgold, 2007 / Bruno Amstad: «Tiniest Sparks But Enormously Hip». Bazaarpool CD, 2007.
Fredy Studer: www.fredystuder.ch / www.myspace.com/fredystuder / www.koch-schuetz-studer.ch / Bruno Amstad: www.myspace.com/brunoamstad Martin Brandlmayr: www.myspace.com/martinbrandlmayr Werner Dafeldecker: www.myspace.com/wernerdafeldecker
Kleeb & Arrizabalaga – «am(vr)ee» CH/E Hildegard Kleeb, piano; Pelayo Arrizabalaga, turntables
Welche Beziehung besteht zwischen einem Piano und fünf Plattenspielern? Die Pianistin Hildegard Kleeb und der aus Madrid stammende Pelayo Arrizabalaga, die beide in Zug leben, haben sie ausgelotet. Die Sounds der fünf einfachen Plattenspieler von Lenco und Philips aus den fünfziger und sechziger Jahren stehen dem Klangvolumen des Pianos gegenüber. Frequenzen überlagern sich, Obertöne und Harmonien verweben sich zu einem faszinierenden neuen Klanguniversum. Rasend schnell gespielte Cluster- und Scalesimprovisationen von Kleeb kommen in die Nachbarschaft der gescrachten Sounds von Arrizabalaga. Zu sparsam gesetzten Pianoklängen, die an Morton Feldman erinnern, sind Wortfetzen zu vernehmen, die in ein Fragment übergehen, das von Arthur Honegger oder Igor Stravinski stammen könnte. Arrizabalaga verfremdet die Musik von Jimi Hendrix, John Coltrane, Sophia Gubaidulina, Herbie Hancock und anderen, indem er sie vor- und rückwärts mit variablem Tempo spielt. Es ist Musik zwischen Seide und Granit, eine verträumte geometrische Poesie der Unmittelbarkeit.
In den achtziger Jahren hat Arrizabalaga zusammen mit Markus Breuss die Gruppe Clónicos gegründet, eine der wichtigsten Formationen der experimentellen Szene in Spanien. 1993 kam er in die Schweiz, studierte am elektronischen Studio in Basel bei Thomas Kessler. Hildegard Kleeb hat in den neunziger Jahren intensiv mit Anthony Braxton und Alvin Lucier gearbeitet, Kompositionen von Morton Feldman, Maria de Alvear und Matthias Spahlinger eingespielt. Auf ihrer CD «am(vr)ee» finden diese Einflüsse mit Piano und Plattenspieler zusammen. Ausgewählte Tonträger: Hildegard Kleeb & Pelayo Arrizabalaga: «am(vr)ee», Everestrecords, 2007 / Hildegard Kleeb: «Anthony Braxton - Piano Music (Notated) 1968-1988», HatArt, 1996 / Hildegard Kleeb: «Morton Feldman – For Bunita Marcus», HatArt, 1990.
Hildegard Kleeb: www.hildegard-kleeb.ch Pelayo Arrizabalaga: www.experimentaclub.com/data/pelayo_arrizabalaga
Gétatchèw Mèkurya, The Ex & Guests Ethiopia/NL/GB/D/F/CAN Gétatchèw Mèkurya, tenorsax; Melaku Belay Emeru, dance; Andy, guitar; Terrie, guitar; G. W. Sok, voice; Katherina, drums/voice; Brodie West, altosax; Xavier Charles, clarinet; Joost Buis, trombone; Colin McLean, bass
Ethnogrooves aus Äthiopien, Punk oder was? Der in Addis Ababa lebende Gétatchèw Mèkurya begann mit dreizehn Jahren in der Municipality Band zu spielen. Das ist einige Zeit her. 1955 folgte ein beinahe zehn Jahre dauerndes Engagement am Haile Selassie I Theatre, bevor er ins Police Orchestra wechselte. Dort hatte der Tenorsaxofonist berühmte Sängerinnen wie Alèmayèhu Eshèté, Hirut Bèqèlè und Ayaléw Mèsfin zu begleiten. Sein charakteristischer Klang auf dem Tenorsaxofon, der ihm gelegentlich Vergleiche mit Albert Ayler, Archie Shepp oder John Coltrane einbringt, hat er von einem «shellèla» genannten Gesangsstil abgeleitet. Shellèlas wurden vor kämpferischen Handlungen gesungen. Der vibratoreiche heisere Gesang seines Tenorsaxofons, irgendwo zwischen Hymne und Pathos, hat ihm den Übernamen «Negus of Saxophone» eingetragen. Aber eigentlich war es eher von traditioneller äthiopischer Musik geprägter Freejazz vor der Zeit, wie die CD «Negus of Ethiopian Sax» mit alten Aufnahmen zeigt.
Zwischen 1974 und 1994 war Gétatchèw Mèkurya Musiklehrer und zehn Jahre später luden ihn The Ex zu einem Konzert mit dem ICP Orchestra von Misha Mengelberg und Han Bennink nach Amsterdam ein. Bei dieser Gelegenheit entstand die Idee für eine Zusammenarbeit zwischen dem legendären äthiopischen Saxofonisten mit der «avant-ethno-improv-punk-band». Gétatchèw Mèkurya wählte zehn Solos für ein gemeinsames Programm aus und The Ex ergänzten mit ihren äthiopischen Lieblingsstücken. Ergänzt mit einer Bläsersektion wird diese Form von Rhythm ’n’ Noise zu einem zauberhaften Amalgam, das von beiden Seiten her zusammenwächst. Ausgewählte Tonträger: Gétatchèw Mèkurya: «The Ex + Guests», Buda Musique (DVD), 2006 / Gétatchèw Mèkurya, The Ex & Guests: «Moa Anbessa», Terp Recordings, 2005 / The Ex: «Turn», Touch And Go, 2004.
Gétatchèw Mèkurya: www.budamusique.com The Ex: www.theex.nl / www.terprecords
Acoustic Strings CH/F Christy Doran, acoustic-guitar; Dominique Pifarély, violin; Heiri Kaenzig, bass; Marcel Papaux, drums Ist von Acoustic Strings Salonmusik zu erwarten? Acoustic Strings ist ein Projekt des Bassisten Heiri Kaenzig, der auch als Teil von Depart für Furore sorgt. Sein gut geerdetes melodiöses Bassspiel gibt ein solides Fundament für inspirierte solistische Ausflüge. Ausflüge, die bis nach «Taschkent» führen, ohne deswegen folkloristisch zu werden. Die Reisen erinnern eher an die «folklore imaginaire» französischer Prägung, obwohl die Komposition weitgehend von Kaenzig und dem Gitarristen Christy Doran stammen.
Gemeinsam entwickeln Acoustic Strings Klangbilder von hoher Dichte und verspieltem Charme. Sie haben eine grosse malerische Qualität, lassen Landschaften in zartem Licht entstehen. Doran, der hier mit einem akustischen Instrument zu hören ist, harmoniert grossartig mit dem Violinisten Dominique Pifarély, der hier vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Louis Sclavis bekannt geworden ist. Es ist Musik aus «Another World», wie eine Komposition von Kaenzig betitelt ist und in ihrer Anmut an Charlie Haden erinnert. Seine Komposition kann auch mal «Oriental Oriented» sein, ohne deshalb gleich in Ethnokitsch abzugleiten. Hinter dem Schlagzeug sitzt Marcel Papaux, mit dem Kaenzig auch im Trio des französischen Pianisten Jean-Christophe Cholet zusammenspielt. Fabian Kuratli, der auf der ersten CD von Acoustic Strings einen hervorragenden Eindruck hinterlassen hat, kann leider nicht dabei sein. Aber auch Papaux hat die Klasse, von Kaenzigs «Escape Blues» ins «Beautiful No Mans Land» von Doran überzuleiten, und so zur Salonmusik der anderen Art beizutragen. Ausgewählte Tonträger: Heiri Kaenzig: «Acoustic Strings», Altri Suoni, 2006 / Christy Doran «Now’s The Time», Between The Lines, 2005 / Depart (Kaenzig, Sokal, Mayer): «Mountain Messenger», Act, 2008.
Christy Doran: www.christydoran.ch Heiri Kaenzig: www.jazzpool.ch Dominique Pifarély: http://dpifarely.free.fr/ Marcel Papaux: www.nicomonguzzi.com/room02/marcel
Scorch Trio SF/N Raoul Björkenheim, guitar/viola da gamba; Ingebrigt Håker Flaten, e-bass/electronics; Paal Nilssen-Love, drums/percussion Sonny Sharrock, John McLaughlin, Jimi Hendrix, Cream, Nels Cline Singers? Das sind Namen und Gruppen, die am häufigsten genannt werden, wenn es um das Scorch Trio geht. Das Zusammenspiel des finnischen Gitarristen und Komponisten Raoul Björkenheim mit den beiden Norwegern Ingebrigt Håker Flaten und Paal Nilssen-Love ist schweisstreibend wie einst Tony Williams Lifetime.
Håker Flaten und Nilssen-Love gehören zusammen wie Bass ’n’ Drums. Was William Parker und Hamid Drake für die Black Music der USA, Robbie Shakespeare und Sly Dunbar für den Reggae Jamaikas bedeuten, sind sie für verschiedene Projekte zwischen Oslo und Chicago. Sie tauchen in Ken Vandermarks School Days und in Mats Gustafssons The Thing auf, sind Teil der norwegisch-schwedischen Formation Atomic und spielten auch in der südafrikanischen Gruppe des Saxofonisten Zim Ngqawana. Einzeln trifft man sie bei Peter Brötzmann, Evan Parker, Bugge Wesselthoft und Nils Petter Molvær. Saxofonisten dominieren in diesen Formationen, ausser im Scorch Trio. Raoul Björkenheim hat sich mit Krakatau Anfang der neunziger Jahre etabliert und war mit verschiedenen Projekten von Bill Laswell unterwegs. Mit Håker Flaten und Nilssen-Love hat er eine neue Heimat gefunden. Das Scorch Trio ist eine musikalische Explosion, eine einzige Revolte gegen das Gewohnte. Roh und direkt verwandeln sie sich in reine Energie, werden bluesig in «Furskunjt», verbinden alte Tricks mit neuen Ideen. Wahrscheinlich haben sie etwas von allen Zitierten, ohne sie deswegen gleich zu plündern. Sie verbinden die Kraft des Rock mit dem Abenteuer, das befreiter Jazz anbietet. Ausgewählte Tonträger: Scorch Trio: «Live In Finland», SCD, 2006 / Scorch Trio: «Luggumet», Rune Grammofon, 2004 / Scorch Trio: «Scorch Trio», Rune Grammofon, 2002.
Scorch Trio: www.myspace.com/scorchtrio Raoul Björkenheim: www.raoulbjorkenheim.com Ingebrigt Håker Flaten: www.ingebrigtflaten.com Paal Nilssen-Love: www.paalnilssen-love.com
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